Abstract
Dominik Bartmanski, Seonju Kim, Martina Löw, Timothy Pape und Jörg Stollmann widmen sich in ihrem Beitrag der Planstadt Songdo, die, von Grund auf als Smart City konzipiert, lange als Vorzeigeprojekt und Testfall für umfassende Digitalisierung galt. Heute lockt die engmaschig überwachte und von unzähligen Sensoren gesteuerte Stadt vor allem Koreas Mittelschicht an. Doch ihre Beliebtheit bei Immobilienkäufern hat wenig mit innovativer HighTech zu tun, sondern mehr mit den planerischen Glaubenssätzen der koreanischen Spätmoderne. Songdo ist ein Musterbeispiel dafür, wie hypermoderne Smart Cities soziale Unterschiede entlang der modernen Dreifaltigkeit von Effizienz, Sicherheit und Überwachung reproduzieren. Das digitale Substrat der Stadt erhöht die Vermarktbarkeit und Wertigkeit der urbanen Gebilde ohne neue Werte zu schaffen. Die Enthüllung eines gewöhnlichen Developmentalismus hinter der scheinbar außergewöhnlichen, smarten Idealstadt entmystifiziert diese. Das Zusammenspiel von Technologieunternehmen und Staat führt zu einer weiteren Kommerzialisierung neuen Wohnraums und zu einer ausgeprägten Raumorientierung der koreanischen Mittelschicht. Die umfassende Digitalisierung bleibt eher unterschwellig präsent, deren Funktionalität im Hintergrund. Gleichzeitig produziert Songdo als neuartiges Wohnumfeld Räume, die das Verhältnis zwischen öffentlich und privat, zwischen Inklusion und Exklusion neu ordnen. Die enge Verflechtung unterschiedlicher Kontexte und Texturen erschafft Wohnräume mit einer polykontexturalen Struktur. Im Falle Songdos impliziert dies eher graduelle, nicht substanzielle Veränderungen des Lebensalltags.